Theaterproduktion «DNA»
Ein Stück, 18 Monate Proben, 32 Matratzen und 530 ml neonpinkes Make-up – das alles brauchte es für die letzte AUJA-Produktion. Aber vor allem eine Gruppe, die zu einer Einheit wird – «ASBEST FRIENDS FOREVER».
Für Jerry (2023–2025)
«Ich fand es so schön», sagt Lara, «wie wir als Gruppe auf ein Ziel hingearbeitet haben und so zu einer kleinen Theater-Familie zusammengewachsen sind.» Damit trifft sie den Kern dessen, was die Arbeit am Stück «DNA» von Dennis Kelly bei uns ausgelöst hat. Zwischen dunklem Stoff, dramatischer Ironie und lapidarer Sprache fanden wir in einem «Chrüsimüsi von Gefühlen» (Mirta) nicht nur unsere Figuren, sondern auch einander.
Und wir fanden einen eigenen Zugang zur Geschichte: Statt auf Feldern und in Wäldern liessen wir unsere Version von «DNA» dort spielen, wo das Thema hingehört – im Schulkontext. Denn Mobbing, Mitläufertum und Mutlosigkeit sind keine literarischen Konstrukte. Sie sind im Berufsleben und an Schulen traurige Realität.
Deshalb entwickelten wir eine fiktive Hypothese für die Mobbing-Geschichte: Die Gang trifft sich in der alten Aula, einem verlassenen Raum auf dem Schulareal, stillgelegt wegen angeblicher Asbest-Gefahr – ein Gerücht, das die Jugendlichen selbst gestreut haben. So entstand auch der neue Name der Gruppe: «Asbest Friends» – ironisch, zynisch, bitter.
Auch die Figuren wurden umbenannt und häufig in ihrer Geschlechtszugehörigkeit verändert. Dadurch gewannen sie neue Konturen, bekamen einen Bezug zu unserer Lebenswelt. Und als wäre das nicht Transformation genug, wurde – dank eines grosszügigen Sponsorings – unsere Aula verwandelt in eine riesige Matratzenlandschaft. Eine Spielfläche zwischen Intimität und Perfidie, Trampolin und Teufelskreis.
Die Kostüme gestalteten wir in Zusammenarbeit mit einer professionellen Bühnen- und Kostümbildnerin. Ihre geniale Idee: Je mehr herabwürdigender Text auf einem Kostüm zu lesen ist, desto niedriger ist der Rang der Figur innerhalb der Gruppe. Besonders sichtbar wurde das beim Mobbing-Opfer Sascha, deren Kleidung nahezu vollständig mit Beleidigungen bedeckt war. «Was war das cool», lacht Alvise, «einander im Spass all diese Beleidigungen auf die Kleider zu kritzeln.»
Begleitet wurde das Spiel von einem eindrücklichen Sounddesign, ausgetüftelt von unserem Film- und Theatermusikkomponisten. Er hatte den Einfall, mit Excitern zu arbeiten, kleinen Schallwandlern, die Oberflächen wie Kartons, Fenster oder Wände in Lautsprecher verwandeln, indem sie deren Material in Schwingung versetzen. So entstand mit vier simplen Kartonschachteln ein beklemmendes Dolby-Surround-System, das den Raum körperlich vibrieren liess.
Für viele von uns war es die erste grosse Rolle, für manche sogar die erste Produktion überhaupt. Und doch fanden alle ihren Platz – zwischen Lichtstimmungen, Choreos, Auftritten und Applaus. «Die Chemie in unserer Gruppe war einzigartig», sagt Max. Und sie war spürbar – auf und hinter der Bühne. «Ja, es war ein unglaubliches Gefühl», sagt Emma rückblickend, «am Ende auf der Bühne zu stehen und zu realisieren, was wir gemeinsam erreicht haben.» Ein Gefühl, das Max als «die Magie der Aufführungsnächte» beschreibt – Nächte, in denen der Applaus nicht nur das Stück, sondern auch uns als Gruppe gefeiert hat. Rebekka bringt es auf den Punkt: «Wir sind zu einer Einheit verschmolzen.» Und Gwen ergänzt: «Mit anzusehen, wie das ganze Stück aus ziemlich genau nichts zu einem über eineinhalb Stunden langen Auftritt wurde, war unglaublich.» Und Adrienne ergänzt scherzhaft: «So zähle ich nun eine Nervensäge, viele bunte Teletubbies, eine Person, die unser Stück vier Mal gesehen hat (weil es eben so gut war), und viele mehr zu meinen Freundinnen.»
Am Ende erinnern wir uns nicht nur an ein Theaterstück, sondern an eine gemeinsame Reise, an eine Aula voller Matratzen, an Jerry, unseren allseits geliebten Hamster, der in jeder Aufführung sein Leben lassen musste, an pinkes Make-up, das sich drei Tage lang nicht entfernen liess («das Pink», sagt Nina, «es hat mich umgebracht»), an Tränen vor Lachen – und vor Rührung.
Wir erinnern uns an ein Publikum, das schluckte, weinte, mit der Fassung rang, schwieg. Und dann sagte: «Ihr wart einfach unglaublich!» «Wie ihr gespielt habt, das war krass authentisch.» Und uns Tage danach Nachrichten schrieb wie: «Heute Nacht hab ich von eurem Theater geträumt. Dass am Schluss eine der Täterinnen mich bedroht, mit einer Pistole, die sie mir aber nachher in die Hand drückt, weil sie jemandem nachrennt. Und ich erschiesse sie. In der Pistole war aber nur eine Kugel, und sterbend sagt sie, dass die Kugel dafür bestimmt war, sich selbst umzubringen.»
Wir erinnern uns an Momente, in denen wir nicht nur Rollen gespielt, sondern uns selbst und einander erkannt haben. «Die Erinnerungen», meint Lucy, «werden uns für immer bleiben – und natürlich die Inside-Jokes.»
So sind wir zu dem geworden, was wir sind: «ASBEST FRIENDS FOREVER».
Text: Theatergruppe AUJA
Fotos: Elias Denzler







