Besuch auf dem Schlachthof
Chicken Nuggets, Wienerli, Ghackets – Fleisch ist fast nicht von unseren Tellern wegzudenken. Doch was passiert, bevor es auf dem Teller landet? Der Akzentfachkurs Gesellschaftswissenschaften durfte sich ein Bild machen.
Im Restaurant gönnt man sich ein saftiges Steak, ein Patty im Burger, «la vie est Bell!». Doch von der industriellen Tierschlachtung sehen und hören wir sehr wenig. Im Rahmen des Akzentfachs Gesellschaftswissenschaften beschäftigten wir uns mit dem Thema Landwirtschaft und Ernährung. Dazu gehören auch die Auswirkungen der industriellen Tierhaltung auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. Kurz: Jobs, Geld und Gülle. Wie es für die Tiere nach ihrem Leben auf dem Bauernhof weitergeht, sollte uns ein Besuch bei der Metzgerei Gebrüder Felder in Safenwil zeigen. Während einige diesem Tag gespannt entgegenfieberten, traten andere die Exkursion mit mulmigen Gefühlen an.
Im Schlachtbetrieb
Wir wurden von André Windisch willkommen geheissen, der für Qualitätssicherheit und Projekte verantwortlich ist. In zwei Gruppen ging es auf Betriebsrundgang, wobei wir Einblick in die verschiedenen Prozesse des Handwerks erhielten – von A wie Ankunft der Tiere bis Z wie Zahlen fürs Fleisch an der Theke.
Beginnen wir am Schluss, an der Theke – denn alles hat ein Ende … André Windisch, gelernter Koch und Metzger, erzählte uns mit Stolz, welche kulinarischen Nischenprodukte die Metzgerei Gebrüder Felder ihrer Kundschaft anbietet. Das Sortiment des hauseigenen Verkaufsladens umfasst neben den hierzulande gängigen Fleischerzeugnissen auch Produkte des Labels «Mama Africa». Hierfür werden zum Beispiel Kuhfüsse oder Nieren verarbeitet, die in der konventionellen Schlachtung teuer und zum Teil aufwändig entsorgt werden müssen. Das Angebot wird insbesondere von der afrikanischen Diaspora sehr geschätzt.
Generell sollte möglichst viel vom Tier verarbeitet werden, um Schlachtabfälle zu reduzieren. Dies führt zu weiteren Kreationen wie beispielsweise Deluxe-Haustiernahrung. Blut kommt in die Abwasseraufbereitungsanlage, wo es im Faulturm zu Biogas verwertet wird. So kann eine grosse Produktvielfalt einigermassen in Einklang gebracht werden mit Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Tier, der Gesellschaft, der Umwelt und natürlich wirtschaftlichen Belangen.
Qualität vor Quantität
In Safenwil erfuhren wir auch, dass es immer schwieriger wird, als kleine Metzgerei zu überleben oder gar Hofschlachtungen auf den Bauernhöfen durchzuführen. Die Konsumentinnen und Konsumenten verlangen billiges Fleisch. Dies kann nur in zentralen Schlachtbetrieben mit riesigen Kapazitäten produziert werden. Im Mittelland baut zum Beispiel ein bekannter Grossschlachter seinen Standort für Rinderschlachtung aus, statt den zurzeit ca. 750 Rindern sollen dort in Zukunft bis 1100 Rinder pro Tag geschlachtet werden können. Wo die Arbeitskräfte für diese auf allen Ebenen intensive Arbeit rekrutiert werden, steht noch in den Sternen.
Herr Windisch betonte, dass die Metzgerei Gebrüder Felder qualitativ hochwertige Schlachtungen durchführt – drei Mal pro Woche werden ca. 80 Tiere geschlachtet. Man kennt die Bauern, welche der Metzgerei ihr Vieh für die Schlachtung anvertrauen. Ein respektvoller Umgang mit den Tieren sei ihnen wichtig. Dazu gehört, dass die Tiere stressfrei und ohne Leidensdruck bei ihnen ankommen, für einen raschen, schmerzfreien letzten Gang.
Da wären wir nun am Anfang des Endes. Nach dem Betäuben werden die Tiere an einem Haken aufgehängt, zuerst müssen sie ausbluten. Dann wird ihnen das Fell abgezogen. Die Eingeweide werden entfernt und die Körper in Hälften gesägt. Schliesslich werden sie in einem gekühlten Raum bis zur Weiterverarbeitung gelagert.
Mehrere Instanzen stellen sicher, dass die Tierschutz- und Hygienevorschriften eingehalten werden. Hierzu gehören zum Beispiel die tierärztlichen Untersuchungen der Lebendtiere vor der Schlachtung oder Inspektionen des Schlacht- und Kühlraums, des Personals sowie des Fleisches. Es sei von grosser Bedeutung, dass die Tiere unter den bestmöglichen Bedingungen transportiert und geschlachtet werden, unterstrich Herr Windisch.
Nachgeschmack
Die Eindrücke von unserem Besuch hallten noch eine Weile nach. Schon während der Vorbereitung war uns bewusst geworden, wie stark die verarbeiteten Tierprodukte von ihrer ursprünglichen Herkunft entfremdet sind und wie selbstverständlich viele von uns Fleisch konsumieren. Daher ist es umso wichtiger, aus erster Hand zu erfahren, wie viel Energie, wie viel Arbeit, wie viel Tier zum Beispiel in einem fixfertig verpackten Cervelat im Migros-Kühlregal steckt. Wir schulden sowohl den Nutztieren, die in der Metzgerei für uns ihr Leben lassen, wie auch all den involvierten Fleischfachpersonen Respekt.
Wir möchten uns herzlich bei der Metzgerei Gebrüder Felder bedanken, dass wir diese Exkursion als allererste Klasse überhaupt durchführen konnten. Es war ein bereichernder, horizonterweiternder Blick hinter die Kulissen der Fleischproduktion und ein wichtiger Beitrag, um zukünftige Entscheidungen in Sachen Ernährung bewusster zu treffen.
Text: Summer Hoffmann (G1A), Nicole Notter
Fotos: Luc Humbert-Droz (G1B)
