Werk­an­ga­ben

Künst­ler: Theo­dor Huser (*1950)
Titel: Dreibeinstein
Jahr: 1994
Mate­rial: Solo­thur­ner Kalkstein
Grösse: Höhe 130 cm, Breite 85 cm, Tiefe 60 cm
Der Stein steht auf einem 55 cm hohen läng­li­chen Podest.
Stand­ort: vor dem Eingang Neubau

Ein Stein, Einstein oder Dreibeinstein?

Tag und Nacht bewacht er unsere Schule, der grosse «Drei­bein­stein» von Theo­dor Huser. Er steht begrüs­send direkt vor dem Eingang des Neubaus der Neuen Kantons­schule Aarau. Als der Neubau erstellt wurde, plat­zierte Huser sein Werk direkt vor den Eingang, wo es bis heute täglich hunderte Schü­le­rin­nen und Schü­ler passie­ren. Nicht selten dient es als Sitz­ge­le­gen­heit oder als Treff­punkt. Dies fasst der Künst­ler als Kompli­ment auf, da die Skulp­tur für ihn «einen vorher unde­fi­nier­ten Raum nun definiert».

Der Drei­bein­stein wirkt robust, massiv und sehr block­haft. Er weist verschie­dene Grau- und Braun­töne auf und hat somit eine ähnli­che Farbe wie der Beton­so­ckel und der Boden darun­ter. Trotz­dem sticht er klar heraus dank seiner grob behaue­nen Ober­flä­che. Die verschie­de­nen Textu­ren lassen einen klaren Kontrast zwischen dem Stein, dem Podest und dem Boden entstehen.

Apro­pos Podest: Für die Plat­zie­rung der Werke, die mit dem Neubau auf den Campus kamen, war ein Beton­so­ckel vorge­ge­ben. Für einige Künst­ler war es jedoch unmög­lich, diesen Sockel zu benut­zen. Viele verzich­te­ten auf ihn oder setz­ten ihn, wie Theo­dor Huser, anders ein: Er legte den Sockel auf die Seite und setzte die Skulp­tur darauf.

Theo­dor Huser

Theo­dor Huser war 44 Jahre alt und etwa in der Mitte seiner künst­le­ri­schen Karriere, als er den Drei­bein­stein schuf. Er war schon seit seiner Jungend begeis­tert von Kunst und hatte den Wunsch, einen künst­le­ri­schen Beruf auszu­üben. In seiner Fami­lie gab es bereits andere Bild­hauer und kunst­in­ter­es­sierte Perso­nen, durch welche er verschie­dene Kunst­rich­tun­gen kennen­lernte. Nach der obli­ga­to­ri­schen Schul­zeit besuchte er die Kunst­ge­wer­be­schule in Zürich und absol­vierte anschlies­send eine Bild­hauer­lehre. Kurz darauf eröff­nete er sein erstes Atelier in Neuen­hof, in einem Wasch­häus­chen. Er übte in seinem Leben viele verschie­dene Kunst­for­men aus: Er ist Schau­spie­ler, Bühnen­bild­ner, Musi­ker, Maler und vor allem Bildhauer.

Bei vielen seiner Stein­skulp­tu­ren zieht sich ein Motiv durch seine Werke: Auch wenn er alle seine Steine – mal weni­ger, mal mehr – bear­bei­tet, um etwa einen Flügel anzu­deu­ten oder Beine entste­hen zu lassen, will er sie doch so unbe­rührt ausse­hen lassen wie möglich, als wären sie vom Stein­bruch direkt zu ihrem jetzi­gen Stand­ort trans­por­tiert worden.

Die Skulp­tur an unse­rer Schule ist eine Weiter­füh­rung einer Reihe von frühe­ren Skulp­tu­ren, den «Flug­ver­su­chen»: Es sind eher kleine Stein­skulp­tu­ren, die auf verschie­den hohen Sockeln so plat­ziert werden, als ob sie (trotz ihres Gewich­tes) flie­gen wollten.

Der grosse «Drei­bein­stein» möchte aber nicht flie­gen, sondern lieber laufen und hat daher seine drei Beine bekommen.

Mit einem Augen­zwin­kern spielt Theo­dor Huser auch auf die in Aarau renom­mierte Alte Kanti an, an der einst Albert Einstein zur Schule ging. Die Neue Kanti habe mit seinem Kunst­werk nun gar einen «Drei­bein­stein». Und so lässt sich sagen, dass diese Skulp­tur nicht grund­los vor unse­rer Kantons­schule steht und an keinem ande­ren Ort so perfekt aufge­ho­ben wäre.

Michelle Hirs, Schwer­punkt­fach Bild­ne­ri­sches Gestal­ten, 2023