Werk­an­ga­ben

Künst­ler: Beat Zode­rer (*1955)
Titel: Würfel
Jahr: 1994
Mate­rial: Beton­guss, dunkel gefärbt
Grösse: 72.5 cm x 72.5 cm x 72.5 cm
Stand­ort: Aussen­raum West vor dem Altbau

Der hält was aus!

Beat Zode­rers «Würfel» ist ein massi­ver aus Beton gegos­se­ner Körper, der direkt auf den Boden gesetzt ist. Feine hori­zon­tale und verti­kale Reli­ef­li­nien umspan­nen den Würfel rhyth­misch, aber unre­gel­mäs­sig. Obwohl jede Seite die glei­che Fläche besitzt, vari­iert die Kompo­si­tion der Linien auf jeder Seite. Der Würfel erscheint auf den ersten Blick schlicht, doch die subtile Ober­flä­chen­struk­tur verleiht dem Werk Leben­dig­keit und durch­bricht die geome­tri­sche und konzep­tio­nelle Erschei­nung. Wetter und Jahre haben Spuren hinter­las­sen, die Farben haben sich stel­len­weise verän­dert, das Relief hat Flech­ten ange­setzt. So inte­griert sich der Würfel orga­nisch in seine Umge­bung. In Verbin­dung mit dem Boden, der eben­falls aus Beton besteht, sieht es aus, als wäre der Würfel genau für diesen Ort gemacht worden.

Beat Zode­rer

Beat Zode­rer hat in jungen Jahren von der Archi­tek­tur zur Kunst gefun­den. Seine Vorliebe für Struk­tu­ren und Muster spie­gelt sich in jedem seiner Werke wider, so auch im Mono­lith an unse­rer Schule. Ortho­go­nale Systeme, das Erbe der «Zürcher Konkre­ten», inter­pre­tiert Zode­rer immer wieder neu, mit viel Humor und über­ra­schen­den Resul­ta­ten. Dieses Werk ist ein Unikat, das spezi­ell für die Neue Kantons­schule Aarau geschaf­fen wurde. Es gehört zu einer Reihe von Würfeln, die der Künst­ler geschaf­fen hat, sticht jedoch mit seiner Grösse von 72.5 cm pro Seite heraus. Zode­rer wählte hier die Höhe eines Schul­tischs als Refe­renz. Seine ande­ren Würfel messen alle genau einen Kubikmeter.

Beat Zode­rer arbei­tet mit verschie­dens­ten Mate­ria­lien, mit denen er Fläche, Raum und Volu­men unter­sucht. Die Wahl des Mate­ri­als, hier der bewusste Einsatz von Sicht­be­ton, etwas, was oft als häss­lich empfun­den wird, zeigt Zode­rers Inter­esse an der Verän­de­rung von Wahr­neh­mung und ästhe­ti­scher Erfah­rung. Nicht wenige Künst­ler seiner Genera­tion haben klas­si­sche Verfah­ren der Bild­haue­rei verlas­sen und mit diver­sen verfüg­ba­ren und «kunst­frem­den» Werk­stof­fen neue, unge­wohnte Bezüge von Figur und Raum geschaffen.

Apro­pos Beton­guss: Ein Gross­teil des Volu­mens des Würfels ist aus Styro­por und nicht aus Beton, um das Gewicht zu redu­zie­ren. Die Guss­tech­nik und Gestal­tung der Schale – leicht unprä­zise, um die Orna­ment­li­nien zu erzeu­gen – verlei­hen dem Werk seine Beson­der­heit. Beat Zode­rer will das Publi­kum durch die Verwen­dung alltäg­li­cher Mate­ria­lien auf eine über­ra­schende Art faszi­nie­ren. Sein Werk ermu­tigt zu einem offe­nen Blick und zur Neugier.

Im Gespräch erläu­tert Beat Zode­rer seinen bewuss­ten Entscheid, den Würfel direkt auf den Boden zu setzen. Durch den Verzicht auf einen damals noch übli­chen Sockel sollte ein enge­rer und direk­ter Kontakt zum Betrach­ter entste­hen. Zode­rer erkennt, dass viele Menschen sein Werk zunächst nicht als Kunst wahr­neh­men: Mal wird sein Würfel als eine etwas raue, aber beson­dere Sitz­ge­le­gen­heit genutzt, mal liegen Taschen darauf. Zode­rer glaubt jedoch, dass Botschaft und Wirkung des Kunst­werks umso mehr zum Tragen kommen, je länger man es betrachtet.

Er fügt an, dass Kunst in Bildungs­ein­rich­tun­gen von gros­ser Bedeu­tung sei, um eine ästhe­ti­sche und emotio­nale Erfah­rung zu ermög­li­chen. Neugier und das Hinter­fra­gen sind in jedem Bildungs­be­reich essen­zi­ell, weshalb das Werk an einer Mittel­schule gut aufge­ho­ben ist.

Kunst provo­ziert immer Fragen – vor allem, wenn ein Kunst­werk wie Zode­rers Würfel mit seinen Betrach­te­rin­nen und Betrach­tern buch­stäb­lich in Berüh­rung kommt.

Fjona Morina, Schwer­punkt­fach Bild­ne­ri­sches Gestal­ten, 2023